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Rittal setzt auf Phänomen Edge Computing

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Geballtes Wissen auch über Edge Computing vereint

„Discover the Edge“ – so lautete das Motto von Rittal auf der it-sa in Nürnberg. In Zeiten des digitalen Umbruchs orientiert sich das Traditionsunternehmen verstärkt in diese Richtung und während Cloud Computing zur allgemeinen Selbstverständlichkeit wird, spricht die Welt inzwischen auch von Edge Computing.

Andreas Hajek, seit Jahresbeginn bei Rittal Österreich als Verkaufsleiter IT-Infrastruktur tätig, leitet ein Team von insgesamt zehn Mitarbeitern, die allesamt langjährige Erfahrungen in IT-Projekten haben. Denn der Weg hin zu IoT, einer vernetzten Welt, in der wir zu Produzenten immenser Datenmengen werden, ist bereits gelebte Realität. Und wohin wandern die Daten? Natürlich in die Cloud. Doch ganz so einfach scheint es inzwischen nicht mehr zu sein, denn der stetig steigende Datenverkehr in Netzwerken mit zu wenig Bandbreite führt uns zu einem neuen Phänomen – dem Edge Computing. Doch warum? Ganz klar: Je mehr Datenquellen die Infrastruktur nutzen und je rascher der Umfang des Datentransfers steigt, umso schneller kann die Cloud für die Datenspeicherung auch zum Engpass werden. Ein schlechtes Szenario. Die Lösung ist, dass die Analyse und Verarbeitung der Daten so nah wie nur möglich an der Quelle der Daten durchgeführt werden muss, beim „Bedarfsträger“, so Hajek. Und hier setzt Rittal mit seinen smarten Edge Computing Lösungen an.

Analyse und Verarbeitung der Daten wird mittel Edge Computing so nah wie möglich an der Quelle der Daten durchgeführt.

IoT 4 Industry & Business: Rittal gehört zur Friedhelm Loh Group in Deutschland und zeichnet sich immer wieder auch dadurch aus, dass Ideen wie das Lefdal Mine Datacenter Projekt präsentiert werden und Staunen auslösen. Wird smart vorausgedacht?
Andreas Hajek: Rittal ist ein Industrieunternehmen für Industrieunternehmen und startete 1974 in Österreich mit dem Vertrieb von Schaltschränken aus deutscher Serienfertigung. Heute zählt das Unternehmen hierzulande 110 Mitarbeiter in vier Niederlassungen und die Friedhelm Loh Group trifft, wie Sie sagen, nach wie vor immer noch den „Nerv der Zeit“, gerade wenn es darum geht, sich als Unternehmen für die Zukunft mit Innovationen stark aufzustellen – so eben auch beim Beispiel der Lefdal Mine Datacenters in Norwegen. Dieses Rechenzentrum setzt komplett neue Maßstäbe. Als insgesamt fünfstöckiges Stollensystem mit 75 Kammern und etwa 4.000 Containern Kapazität sowie mit einer Fläche von 120.000 m2 und einer kompletten Stromversorgung durch erneuerbare Energien ist es, im Vergleich zu offenen Cloud Datazentren, sehr sicher. Zudem folgt es dem Trend, dass Unternehmen zunehmend Zugriff auf hochflexible, sichere und effiziente IT-Ressourcen benötigen, denn unsere standardisierten Rittal Container-Lösungen, die dort eingesetzt werden, erfüllen alle diese Anforderungen.

Andreas Hajek Rittal Österreich Verkaufsleiter IT-Infrastruktur „Edge Computing bringt Computeranwendungen, Daten sowie Dienste weg von zentralisierten Knoten hin zum „Rand“ des Internets – eben der Edge. Dies minimiert die
Latenzzeit.“

IoT: Viele Devices bedeuten gleichzeitig viele Daten. 2025 geht man bereits von 163 Zetabyte Daten aus, die wiederum gespeichert werden müssen. Wohin mit ihnen?
Hajek: Zunächst einmal bietet sich für die Speicherung der Daten ja Cloud Computing an, denn Clouds sind nichts anderes als Ballungszentren. Doch auch hier gilt es über den Tellerrand hinaus zu denken und verstärkt auch auf den Bedarf zu achten. Wo brauche ich die Daten? Müssen alle Daten in die Cloud? Wie sieht mein Netzausbau überhaupt aus? Man darf auch nicht vergessen, dass die IT-Landschaft modernisiert werden muss, um den Betrieb im Rechenzentrum effizienter zu gestalten. Und der Trend geht eben in Richtung Edge Computing. Durch den Einsatz von Edge-Rechenzentren ist das immens steigende Datenvolumen handelbar.

IoT: Welchen Vorteil habe ich?
Hajek: Bei Industrie 4.0-Projekten müssen vor allem Echtzeitdaten berücksichtigt werden. Die Datenübertragung in ein zentrales Rechenzentrum würde eine Echtzeitverarbeitung verzögern, Netzwerke würden überfordert. Dies ist beim Edge Computing nicht der Fall.

IoT: Rittal offeriert seit Kurzem den Edge Data Center Konfigurator. Was kann er?
Hajek: Das Wesentliche hierbei wurde bereits erwähnt: Daten in Echtzeit spielen eine wichtige Rolle bei Industrie 4.0. Edge Data Center verarbeiten IT-Kapazitäten nahe der Fertigung. Bei einer derartigen Anwendung werden Latenzzeiten geringgehalten und die verarbeiteten Daten stehen unmittelbar zur Verfügung. Und anhand des Edge Data Center-Konfigurators von Rittal können Unternehmen am Beispiel ihrer Anforderungen die vielschichtigen Einsatzmöglichkeiten eines Edge Data Centers einfach und preiswert durchspielen. Der Online-Konfigurator ist dabei für IT-Lösungen von zwei bis acht Racks und von 3 bis 30 kW ausgelegt. Er beinhaltet die Analyse sowie die Konfiguration von Rack, Klimatisierung, Stromversorgung und Sicherheitskomponenten.

Edge Computing ermöglicht die Datenübertragung in ein zentrales Rechenzentrum in Echtzeit.

Mit dem Edge Data Center-Konfigurator können Unternehmen
am Beispiel ihrer Anforderungen die vielseitigen Einsatzpotenziale
eines Edge Data Centers schnell, einfach und kostengünstig
durchspielen.

IoT: Und macht „Edge“ die Welt auch smarter?
Hajek: Edge Computing bringt Computeranwendungen, Daten sowie Dienste weg von zentralisierten Knoten hin zum „Rand“ des Internets, eben der Edge. Dies minimiert die Latenzzeit, denn der Weg zum Data-Center bzw. zur Cloud entfällt. Darüber hinaus können Echtzeitanalysen und Datenverarbeitung an Ort und Stelle schnell durchgeführt werden. Dies ist nicht nur bei der industriellen Verarbeitung von immenser Bedeutung. Es spielt für alle, die mit IoT-Devices agieren, eine Rolle. Und auf die Frage, wohin die Reise geht, kann man definitiv sagen: in den Edge-Bereich. Und das lässt sich auch relativ einfach erklären. In unserer Definition heißt Edge, dass ich mit den Ressourcen, die ich benötige, näher zum Bedarfsträger gehe.

IoT: Wenn wir über Daten sprechen, müssen wir jedoch auch den Datentransfer in Betracht ziehen und hier sehen wir in vielen Ländern milde gesagt noch etwas schwach aus mit der Infrastruktur. Wie sehen Sie das?
Hajek: Das ist richtig, dass wir ein Manko in diesem Bereich haben. Wenn wir Systeme miteinander verbinden möchten und aus den bis 2025 zu erwartenden 163 Zetabyte Daten Mehrwerte lukrieren möchten, muss auch die Infrastruktur passen. Generell leben wir derzeit in einer Welt, in der die Leitungsinfrastruktur viel zu schlecht ausgebaut ist für das, was wir technisch als Herausforderung vor uns haben. Der Bedarf ist sehr hoch, die Gegebenheiten sind zu schlecht. Und auch wenn 5G demnächst vor der Tür steht: Bis das Netz entsprechend ausgebaut ist, vergehen Jahre und wertvolle Zeit und die Kapazitäten werden den Bedarf meiner Ansicht nach nie erreichen.

IoT: Wer ist schuld?
Hajek: Verabsäumt haben es diejenigen, die für die Infrastrukturen und Ausbildung verantwortlich sind und nun nicht mehr nachkommen. Ein anderer Zugang zu Risiko und Technik wäre gut. Schneiden wir uns von den nordischen EU-Staaten doch eine Scheibe ab. Der große Unterschied gegenüber diesen Staaten ist, dass bei uns leider verabsäumt wird, früh in das Thema Bildung zu investieren. Österreich hat insgesamt einen großen Nachholbedarf in der zukunftsträchtigen Wachstumskategorie Digitalisierung und ist zu zurückhaltend.

IoT: Zum Beispiel beim Thema Smart Government.
Hajek: Richtig. Dabei gibt es zahlreiche tolle Möglichkeiten, die wir als Rittal hier auch anbieten können. Mehr Effizienz im öffentlichen Raum ist etwa mit dem RiMatrix Data Center im Hochverfügbarkeitsraum mit iNNOVO Managed Services möglich. Vernetzte IT- und Kommunikationstechnologien können öffentlichen Einrichtungen helfen, ihre Aufgaben effizienter zu gestalten. Edge Data Center beschleunigen die Datenverarbeitung und liefern Informationen viel schneller. Auch das Thema Smart Mobility in Bezug auf autonomes Fahren oder Smart Cities ist ein Bereich, in dem unsere Lösungen Fuß fassen.

Smart Mobility ist mit Rittal SMDC (Scalable Modular Data Center) durchführbar. Die immensen Datenmengen, die durch Sensoren in diesem Bereich erzeugt werden, schätzungsweise bis zu 40 TB täglich und das pro Auto, werden in die zentralen Rechner übertragen. Auch hier sind niedrige Latenzzeiten über die Netzwerke zu Edge Data-Centern von entscheidender Bedeutung. Die Liste an weiteren Einsatzfeldern ist lang: Smart Healthcare, Smart Telco, Smart Retail, Smart Finance und selbstverständlich auch die bereits erwähnte Smart Industry bedienen wir natürlich ebenfalls mit unseren Möglichkeiten für die digitale Zukunft.

IoT: Arbeiten Sie hier auch mit Partnern zusammen?
Hajek: Das Thema Partnernetzwerk ist ein wichtiges Thema bei uns. Wir suchen kontinuierlich neue Partner, um professionell agieren zu können.

IoT: Auch Cybersecurity spielt eine wichtige Rolle und war auf der it-sa Thema. Wie sicher sind denn „unsere“ Daten?
Hajek: Security ist ein Milliardenbusiness, das professionell betrieben wird, auch auf krimineller Ebene. Wir dürfen nicht nur von IT-Sicherheit sprechen, denn es handelt sich im Grunde genommen um Unternehmenssicherheit. Und die Verantwortung liegt somit auf Geschäftsführerebene. Doch auch die physikalische Sicherheit ist – das stimmt – ein wichtiger Aspekt, wenn wir über Cloud Parks sprechen. Denn nicht nur klimatische Gegebenheiten müssen hier berücksichtigt werden, auch ein physikalischer Zugriffschutz spielt eine entscheidende Rolle. Ebenfalls muss auch eine redundante Stromversorgung gewährleistet sein.Ein anderes Thema ist die Sicherheit im Netz, wobei vor allem seit Edward Snowdon die Art von Basis-Vertrauen fehlt. Man wird skeptischer und es steigt das Bedürfnis in puncto Cybersecurity. Die von Rittal angebotenen IT-Lösungen unter dem Begriff „Discover the Edge“ bieten Schutz vor Angriffen im Netz.

IoT: Bei Big Data fällt auch schnell das Schlagwort Smart Data. Wer sorgt für eine Sortierung dieser Datenflut?
Hajek: Das stimmt, und hier kommen dann auch die neu definierten Berufsfelder ins Blickfeld. Ich sehe hier vor allem auch die Naturwissenschaftler in einer zentralen Rolle. Ihre analytischen Denkfähigkeiten sind genau das, was ein so genannter Data Scientist mitbringen muss. Denn momentan befinden wir uns noch in dem Stadium, dass wir nicht wissen, was wir alles an Daten brauchen. Aus diesem Grund sammeln wir zunächst einmal alle möglichen Informationen über unsere vernetzten Devices. Wir speichern auf Verdacht. Allmählich müssen jedoch Experten, eben Data Scientists, sich darüber Gedanken machen, wie sie gezielt Informationen aus dieser immensen Datenmasse bekommen und was man mit ihnen machen kann, um Wertschöpfung für die Unternehmen zu generieren. Das, was Rittal in diesem Zusammenhang macht, ist, die physikalische Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Schlussendlich sind ja nicht wir diejenigen, die Daten analysieren und vorausschauende Analysen machen. Aber jeder benötigt eine gewisse Basis, eine Infrastruktur, und die stellen wiederum wir zur Verfügung. Wenn Rittal über IT-Infrastruktur redet, dann reden wir eigentlich über die physikalische Basis-Infrastruktur. Wir verkaufen keine Server, keine Storage, keine Software… Wir vergrößern in diesem Umfeld unser Partnernetzwerk und wir bieten modulare schlüsselfertige Lösungen. Das zieht sich quer durch Rittal.

IoT: Wie schaut die Entwicklung bei Rechenzentren aus? Welche Trends sind zu vermerken?
Hajek: Generell benötigt jedes Rack auch Quadratmeter Stellfläche und hier geht der Trend eindeutig zu immer weniger Platzbedarf hin. Gerade bei den mittelständischen Betrieben schrumpfen die Flächen. Wenn Sie heute in deren Rechencenter schauen, stehen dort vielleicht noch sieben Racks, und mehr als die Hälfte ist leer. Warum? Ein Teil wandert in die Cloud, ein anderer Teil wird durch die Virtualisierung konsolidiert und effizienter genutzt. Die Komponenten werden zudem immer kleiner und integrierter.

IoT: Dafür wachsen auf der anderen Seite die Datenmengen. Hier verschieben sich dann die Wichtigkeiten.
Hajek: Das ist richtig, und es stellt sich die Frage, wohin sie sich verschieben. In diesem Zusammenhang wirkt sich aber ein anderer Nebeneffekt positiv für uns aus: Wenn alles künftig in den Rechenzentren enger gepackt wird, muss es auch entsprechend gekühlt werden. Und das wiederum ist genau unser Markt. Diese Expertise in diesem Bereich ist nicht alltäglich, und wir haben hier die Expertise und sind ein guter Kooperationspartner.

IoT: Zusammengefasst bedeutet dies, dass …
Hajek: … Rechenzentrumsbau und Infrastruktur unsere Kompetenz ist. Die Idee, den Edge-Fokus zu kreieren, war ein wichtiger und innovativer Ansatz für die Zukunft bei Rittal. Hier wird es zum Thema Edge/Cloud in Kürze noch mehr von uns zu hören geben.

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Quelle: Rittal

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