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Eröffnung Siemens Living Lab Vienna | mit Video

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Im Living Lab von Siemens Process Industries and Drives CEE und Corporate Technology Austria wird an der Digitalisierung von Produktionsprozessen geforscht. Digitalisierung ist in der Prozessindustrie ein zentraler Produktivitätshebel und steigert die Wettbewerbsfähigkeit. Im Labor in der Wiener Siemens Zentrale befindet sich eine europaweit einzigartige Industrie 4.0 Pilotanlage.

Das Siemens Living Lab ist ein seit längerem betriebenes Labor, das ab sofort dazu dient visionäre Ideen realitätsnah zu testen und und weiterzuentwickeln. Es unterstreicht auch die starke österreichische Branchen- und Forschungsexpertise auf dem Gebiet der Bioprozesse.

Ausgangspunkt der Prozessindustrie

Die Entwicklung neuer Produkte in der prozesstechnischen Industrie ist sehr aufwändig und sowohl kosten- als auch zeitintensiv. Egal ob es sich um Medikamente, Lebensmittel oder chemische Produkte handelt: Gesetzliche Vorschriften müssen eingehalten und hohe Qualitätsanforderungen erfüllt werden. Dass diese Kriterien bisher erst nach der Produktion in standardisierten Verfahren überprüft wurden, hatte im Fehlerfall zur Folge, dass die gesamte betroffene Charge nicht freigegeben wurde. Zudem war es oftmals schwierig, die Fehlerquelle zu eruieren. Die Lösung dieses Problems bietet die Digitalisierung prozesstechnischer Anlagen über ihren gesamten Zyklus. Intelligenter Mess- und Automatisierungstechnik überwacht den gesamten Prozess und ermöglichen es, aktiv in den laufenden Prozess einzugreifen.

Im Siemens Living Lab Vienna sollen Prozesse mathematisch modelliert, simuliert, analysiert und auf Basis der so generierten Daten optimiert werden. Im Fokus stehen sämtliche Branchen, die in ihrer Produktion nicht einzelne Teile sondern ganze Chargen erstellen, also insbesondere die pharmazeutische Industrie, die Nahrungs- und Genussmittelindustrie und auch die chemische Industrie.

Entstehungsgeschichte des Living Lab Vienna

Im Bioreaktor werden Musterorganismen wie Hefen und Laktobazillen fermentiert. | Bild: Siemens
Im Bioreaktor werden Musterorganismen wie Hefen und Laktobazillen fermentiert. | Bild: Siemens

Das Living Lab entstand aus einem seit längerem betriebenen Labor. Es dient dazu, Produkt- und Forschungsaktivitäten in der Realität zu testen. Ausgestattet ist es bereits seit Beginn der Kooperation mit einem Bioreaktor, in dem als repräsentative Musterorganismen Hefen, Laktobazillen o.ä. fermentiert werden. Dieser Fermentationsprozess ist mit umfassender Messtechnik ausgerüstet und in das Prozessleitsystem SIMATIC PCS 7 integriert, um so das große Potenzial für die Industrie ausschöpfen zu können.

So entstand eine Modellanlage für typische industrielle Prozesse, die als Chargenprozesse ablaufen.

Während der Fermentation erfassen Forscher mit Hilfe von Sensoren und Analysegeräten die Prozessparameter, die die Qualität des Bioprozesses maßgeblich beeinflussen. Darüber hinaus werden je nach Aufgabenstellung zwischen 100 und 2.000 Messwerte aus den Spektralanalysegeräten erfasst und laufend analysiert. Auf dieser Datenbasis entwickeln Forscher verschiedene Modelle, die die Veränderung der Parameter bei unterschiedlichen Prozessbedingungen abbilden und vorhersagen. Diese Vorhersagetools bilden die Grundlage dafür, Herstellungsprozesse dahingehend zu steuern, die erforderliche Produktqualität jederzeit einzuhalten.

Die Forschungsschwerpunkte im Living Lab Vienna

1. Die Digitalisierung in der Prozessindustrie im Bereich Anlagen-Engineering. Wie plant man eine Anlage und wie nutzt man Produkte der Digitalisierungsindustrie, um den Engineering-Prozess von der Planung bis hin zur Inbetriebnahme digital zu unterstützen, z.B. mittels Digital Twin?

2. Wie kann man eine Anlage im laufenden Betrieb optimieren und die Digitalisierung für weitere Verbesserungen nützen? Und wie kann der Workflow elektronisch geführt und gesteuert werden. Und

3. Trends, Innovationen und Zukunftsthemen aus den unterschiedlichen Bereichen der Prozessindustrie. Dazu gehört z.B. der Bereich cloudbased Operations. In diesem Zusammenhang erforschen die Mitarbeiter des Living Labs u. a. welche Möglichkeiten die Siemens-Plattform MindSphere für die Prozessindustrie bietet: Etwa die einfache Integration von Sensoren (IoT-Devices) und der Upload der Daten in die Cloud. So können die im Prozess generierten Daten in der Cloud gespeichert und mit Hilfe der dort zur Verfügung stehenden Werkzeuge auch zur Optimierung herangezogen werden.

Zusammengefasst widmet man sich im Living Lab Vienna folgenden drei Themen: Integriertes Engineering, integrierter Betrieb, Innovationen.

Siemens Technik im Living Lab Vienna

Das europaweit einzigartige „Living-Lab für die Digitalisierung von Bioprozessen“ in der Siemens City in Wien. | Bild: Siemens
Das europaweit einzigartige „Living-Lab für die Digitalisierung von Bioprozessen“ in der Siemens City in Wien. | Bild: Siemens

Siemens hat im Living Lab zahlreiche unterschiedliche Produkte im Einsatz. Im Mittelpunkt steht das Prozessleitsystem SIMATIC PCS 7 zur Automatisierung. Dieses steuert die Pumpen, regelt Temperatur und pH-Wert und sammelt Messdaten. Der Einsatz der Software-Lösung COMOS zieht sich beginnend beim Engineering über die Simulation bis hin zum Themenbereich Maintenance & Repair. SIMATIC SIPAT führt die gesammelten Daten zusammen, ist verantwortlich für die Prozessanalytik und Rückkoppelung an das Prozessleitsystem. Die Software SIMIT spielt die Hauptrolle im Bereich Simulation, und schließlich steht für MES-Anwendungen SIMATIC IT eBR zur Verfügung. Diese Technologien überwachen Qualitätsvorgaben und kritische Parameter in Echtzeit. Tritt eine Abweichung ein, lässt sich der Prozess ohne Betriebsunterbrechung nachjustieren.

Darüber hinaus zeigt Siemens mit seinem Energiemanagement-System SIMATIC Energy Manager PRO wie der Energieverbrauch in der prozesstechnischen Industrie transparent gemacht werden kann, um in weiterer Folge optimiert werden zu können. Mit den Siemens Produkten des Industrial Communication Networks SCALANCE wird gezeigt, wie Kommunikationsnetzwerke im industriellen Umfeld stabil und sicher aufgebaut werden können.

Trends und Zukunft der Prozessindustrie

Am Beispiel der Pharmaindustrie zeigt sich, in welche Richtung die Digitalisierung die Prozessindustrie künftig führen wird. Das Thema Integrated Engineering bedingt konsistente Datenhaltung und Dokumentation und führt zu Durchgängigkeit von der Konstruktion bis zum Betrieb (Digital Twin). Der verstärkte elektronische Workflow wird das Papier noch weiter aus der Produktion verdrängen.

Doch die Veränderungen werden noch tiefgreifender sein: Digitalisierung führt dazu, dass prozesstechnische Anlagen schneller und flexibler errichtet und dadurch auch einfacher auf andere Produkte umgerüstet werden können.

Ein wichtiger Trend in diesem Zusammenhang ist die sogenannte Personalized-Medicine: Individuelle Medikamenten-Kleinstserien erfordern eine exakte und gleichzeitig flexible Abstimmung der einzelnen Produktionsprozesse. Hier rücken Themen wie cloud-based Applications oder Scheduling in den Vordergrund. Für die Produktionsprozesse bedeutet das, sie müssen erheblich flexibler und modularer werden. Der Schlüssel dafür liegt in der Automatisierung und Digitalisierung von Anlagen.


Quelle: Siemens

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