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Industrie 4.0 – Digitalisierung braucht Standards

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Am Ende des Tages war klar, dass Standardisierung im digitalen Bereich ein komplexes und notwendiges Thema ist. Nicht nur global gesehen, sondern vorallem auch in Europa, auf nationaler und regionaler Ebene. Dafür gibt es Veranstaltungen wie diese. Beim Zukunftsdialog FutureStandardsNow – Industrie 4.0 kamen Experten zu Wort, die Wissen weitergaben, aber auch zum Nachdenken anregten. Diese 1. Veranstaltung zu dieser Thematik von Austrian Standards war mit über 100 Teilnehmern eindeutig ein Erfolg. Lesen Sie, was notwendig ist um die digitale Zukunft in geregelten Bahnen zu betreten und beurteilen Sie selbst, ob Sie ein Getriebener der IT-Industrie sind.

Es kann nicht den EINEN geben

Nach den Begrüßungsworten durch DDr. Elisabeth Stampl-Blaha, Direktorin Austrian Standards, einem Eröffnungsstatement des Präsidenten der ISO, Dr. Zhang Yiaogang wurde beim Vortrag von Herrn Dr. Weiler, ETSI Board Chairman und Head of Standards Policy bei Nokia schnell klar: Es gibt nicht DIE europäische Strategie für Digitalisierung. Es gibt zahlreiche Standards, Vereinigungen, Arbeitsgruppen, etc. was zeigt wie wichtig die Standardisierung für Industrie 4.0 ist. Profunde Studien belegen den signifikanten Einfluss von Standardisierung auf das Wirtschaftswachstum. Weiler betont, dass Standardisierung im Sinne der Operabilität im Interesse des Kunden unabhängiger macht. Das geht auch einher mit der einleitenden Aussage von Dipl.-Ing. Harald Plöckinger, Vorstandsmitglied von KTM, der  überzeugt ist, dass es nicht den EINEN Standard für Industrie 4.0 geben kann.

Keine Angst vor Robotern

Seitens des BMWFW kam Herr Dr. Matthias Tschirf zu Wort, der dafür plädierte Industrie 4.0 nicht als Gefahr, sondern vielmehr als Chance zu betrachten. Aktuell ist hier u.a. das „Förderprogramm KMU“ in Ausarbeitung, das österreichische Betriebe bei ihren Digitalisierungsbestrebungen unterstützen soll. Der Geschäftsführer der Plattform Industrie 4.0 Österreich verweist zudem auf umfangreiche Fördermöglichkeiten durch FFG und AWS. Weiters betonte Tschirf: „Es geht darum, Roboter nicht zu fürchten, sonder zu bauen und entsprechend zu führen.“

In Österreich tragen die Produktionsbetriebe 22 % zum Bruttoinlandsprodukt bei und ist mit rund 30.000 Unternehmen und 680.000 Beschäftigten eine wichtige Säule für Österreichs Wirtschaft. Doch welche Auswirkungen hat Automatisierung auf die Beschäftigungsquote? Nach Angaben von Mag. Andreas Reichardt vom BMVIT hat diese trotz Digitalisierung sogar noch zugenommen. Doch gab er sich nach eigenen Angaben ketzerisch: „4.0 vollbringt keine Wunder. Vor einigen Jahren war alles 2.0, jetzt ist alle 4.0.“ Nur eine weitere Modeerscheinung? Sei es drum, wichtiger sei lt. Reichardt „solides Wachstum der Realwirtschaft und zwar mit Hilfe von Digitalisierung“.

Evolution oder Revolution?

Darüber mag es unterschiedliche Standpunkte geben. Unterm Strich gehört Österreich zu den Frontrunnern, bei den Innovationstreibern finden wir uns im Mittelfeld. Im Zuge zahlreicher Förderprogramme, genannt wurden u.a. „Produktion der Zukunft“ und „Silicon Austria“ werden 130 Mio EUR an direkten Förderungen in Wissenschaft und Wirtschaft investiert.

Aufspringen auf den Silicon-Valley-Zug

Das Thema Ethik wurde in die Hände einer Frau gelegt. Univ.Prof. Dr. Sarah Spiekermann, Vorstand des Instituts für MIS an der WU Wien und Autorin des Buches „Ethical IT Innovation“ regt dazu an genau hinzusehen. Eine kritische Distanz zu Industrie 4.0 sei gesund. Sie regt vielmehr dazu an, sich die Zeit zu nehmen, um sich gut zu überlegen welche Standards und Innovationen die „Silicon-Valley-Typen“ präsentieren. Man solle sich zurücklehnen und wohl überlegt entscheiden, welcher Trend im individuellen Fall tatsächlich Effizienz schafft. Spiekermann schreibt den Erfolg der technologischen Trends wie Big Data, Cloud, Software as a Service, etc. der geschickten Marketing-Maschinerie der IT-Branche zu. Sie gäbe einem das Gefühl nicht à jour zu sein, wenn man in Zeiten von Innovationsexplosionen den aktuellen Trends nicht sofort folgt. Doch so kritisch ist das nicht zu sehen, denn so Spiekermann sei Digitalisierung selbstverständlich, es gelte lediglich zu entscheiden welche Art und Ausprägung an Digitalisierung und Standardisierung für das eigene Geschäft dienlich und effizient ist.

Wie die Kühe durchs Dorf getrieben

Auch in der folgenden Podiumsdiskussion mit Granden der österreichischen Industrie betonte sie noch einmal wie wichtig es als Maschinenbauer etwa sei, sich Zeit zu nehmen um eine Entscheidung zu finden. „Wir werden von der IT-Industrie wie die Kühe durchs Dorf getrieben.“ Vielmehr ginge es darum zu filtern. Es gibt hier keinen Unterschied zwischen Familienunternehmen und Aktiengesellschaften. Im Zentrum steht die Vision für das Produkt und Manager oder echte Führungskräfte müssen sich ein Herz fassen und hinterfragen, was die Unternehmensentscheidungen den Kunden und Mitarbeitern bringt. In Aktiengesellschaften stehen Manager im Spannungsfeld aus Finanzmarkt (Algorithmen) und Shareholdervalue. Umso wichtiger sei es hier echte Führungskräfte walten zu lassen.

Und genau hier setzt auch Dirk Weiler von Nokia an und betont, dass eine Notwendigkeit besteht sich spezifische Kompetenzen anzueignen. In Zeiten der Digitalisierung bedeutet dies etwa, dass auch Maschinenbauer Telekommunikations-Skills im Haus haben müssen, allein schon um Anforderungen zu definieren und äußern zu können. Standardisierung bedeute aber, dass man dennoch differenzieren um sich vom Mitbewerb abzuheben. Nach Mag. Kopetz von TTTech müsse man auch aus seiner Komfortzone heraustreten, um etwas zu wagen.

Produktionsstandort Österreich

KTM gibt ein klares Bekenntnis zum Produktionsstandort Österreich ab. Als Weltmarktführer in einem nicht wachsenden Segment muss man offen für Innovationen sein. Steigende individuelle Kundenanforderungen – „Das sind die Leute aus der Autoindustrie mittlerweile gewöhnt.“ – und kleinen Losgrößen ist die Flexibilität wichtig. Dipl.-Ing. Plöckinger, Vorstandsmitglied der KTM AG, beschreibt, dass die Veränderungen in der Fabrik bereits voll im Gange sind. So geht man weg von Montagebändern und hin zu fahrerlosen Transportsystemen. Es zählt auch hier die Suche nach dem Nutzen nicht nach dem Shareholder-Value. Aber der Faktor Mensch spielt hier nach wie vor die tragende Rolle.

Der Digitale Zwilling

Der Faktor Mensch, also die hochqualifizierten Mitarbeiter sind auch bei der VOEST das entscheidende Asset. Daten müssen gesammelt und intelligent verknüpft werden. Auf die Frage: “ Wie digital ist Stahl?“ was die Antwort einfach. Man ist sehr offen für Digitalisierung. Die Produktion ist bereits sehr weit digitalisiert. Die VOEST Alpine hat einen Digitalen Zwilling erschaffen, der Nachvollziehbarkeit im Sinne von Produktverbesserungen bietet. Damit ist die VOEST 1. in Österreich, wenn nicht gar in Europa, die diese Möglichkeit erschaffen hat. Das Personal wird selbst herangezogen und zwar werden Mitarbeiter in 54 Lehrwerkstätten selbst ausgebildet um die Unternehmensziele auch im Sinne der Digitalisierung zu erreichen.

Dr. Grün, Director Standards Development, Austrian Standards Institute lud ein auf eine Reise in die Industrie 4.0 und präsentierte den österreichischen Normungskompass der Plattform Industrie 4.0, der die handelnden Unternehmen auf der Reise begleiten möge.


Quelle: Austrian Standards Institute

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