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Im Brennpunkt

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Höchste Präzision in allen Belangen: Die Schaublin 142-7AX-Y-CP, die bei Wild zum Zentrierdrehen verwendet wird.

Im Bereich der Optomechatronik besetzen die Experten der Kärntner Wild GmbH einen interessanten Nischenmarkt. Worauf es ankommt, lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Höchstpräzision. Und auf diese legt man insbesondere Wert bei der Technologie des Zentrierdrehens. Was die neue Schaublin-Drehmaschine damit zu tun hat und ob die garantierten Toleranzen auch in der Praxis erreichbar waren, zeigt der folgende Applikationsbericht.

Wild – ein Unternehmen mit Tradition. Das ursprünglich in der Schweiz beheimatete Unternehmen erarbeitete sich schon am Anfang des 20. Jahrhunderts einen Namen mit Landvermessungsgeräten und war mit diesen weltbekannt. 1970 wurde der Standort in Kärnten eröffnet und der Grundstein für das heutige Kerngeschäft gelegt. Nach einer langjährigen Zugehörigkeit zum Leica-Konzern wurde Wild 1997 in Österreich selbstständig – und daraufhin stetig ausgebaut. Wild verfügt heute neben dem größten Standort in Völkermarkt über einige weitere Niederlassungen in Kärnten und Wien sowie über einen Produktionsstandort in der Slowakei. Metier des Technologieunternehmens ist die sogenannte Optomechatronik – und hier die reine Auftragsfertigung, es gibt kein Eigenprodukt. Mit dieser Kombination unterschiedlicher Technologien – Optik, Mechanik und Elektronik – besetzt Wild eine höchst interessante Nische. Der Fokus dabei liegt auf zwei Geschäftsbereichen. Zum einen sind dies medizintechnische Geräte (zum Beispiel für die Augen- oder Blutdiagnostik, Prothetik), zum anderen die technische Optik (beispielsweise für Analysegeräte, Hightech-Kameras, Scanner, Lasertechnik). „Alles in allem ein sehr breiter, vielfältiger Bereich“, so Dipl.-Ing. Robert Lackner, Head of Assembling Medical Technology sowie Head of Mechanical Production bei der Wild GmbH.

Innerhalb des Unternehmens setzt man unter anderem auf das Know-how der Mitarbeiter. Bei der mechanischen Fertigung – ein für das Unternehmen besonders sensibler Bereich – verlässt man sich voll und ganz auf sich und fertigt sämtliche Präzisionsteile selbst, was auch die Oberflächenbeschichtung (Galvanik) einschließt. Die Optik, also letztendlich das „Glas“, kauft man, ebenso wie die Elektronik hingegen zu.

Flexibilität auf ganzer Linie.

Seinen Kunden bietet das Völkermarkter Unternehmen alle Möglichkeiten, zu jedem Zeitpunkt „einzusteigen“. Lackner berichtet: „Es gibt Interessenten, die kommen lediglich mit einer Idee zu uns und wir übernehmen dann sämtliche Schritte der Prozesskette, von der Entwicklung bis zu Produktion, Zukauf und Lieferung des fertigen Produkts. Andere Kunden lassen im Gegensatz dazu nur bestimmte Komponenten nach klar definierten Vorgaben bei uns fertigen und übernehmen die Endmontage selbst. Was die Möglichkeiten für unsere Kunden betrifft, sind wir extrem breit aufgestellt. Die große Mehrzahl unsere Kunden bewegt sich aber in einen Bereich zwischen den beiden genannten Extremen.“ Tendenziell sei aber festzustellen, dass die Produktentwicklung in den letzten Jahren immer stärker nachgefragt wird. Das hat auch Konsequenzen für Wild: Die hauseigenen Entwicklungsabteilung wurde entsprechend auf- und ausgebaut und umfasst mittlerweile über 20 Mitarbeiter in der Wild Gruppe – insgesamt sind rund 280 Mitarbeiter am Standort Völkermarkt beschäftigt. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter in der Wild Gruppe beträgt zirka 430. Der Großteil der Kunden kommt aus der DACH-Region, gar nicht so wenige stammen aber aus deutlich entfernteren Gebieten beziehungsweise aus Übersee. Die Stückzahlen variieren dabei ebenso und beginnen – wenig überraschend – bei 1, gehen aber auch hinauf bis zu mehreren Tausend pro Jahr.

Beherrschtes Zusammenspiel.

Die Herausforderungen bei der Herstellung optomechatronischer Geräte sind vielfältig. Bemerkenswert ist hier, dass Wild ein eigenes Optiklabor betreibt. Das „Glas“, also die Linse, wird zwar zugekauft, der „optische Weg“ als solches wird aber selbst entwickelt. Das Zusammenspiel zwischen Optik, Mechanik und Elektronik zu beherrschen und zu einem System zu verbinden, ist so zur Stärke des Unternehmens geworden. Und allen Herausforderungen gemein ist die unabdingbar erforderliche höchste Präzision. Damit ist auch schon die Brücke zur Firma Schirnhofer, einem familiengeführten Handelsunternehmen mit Sitz in Enzesfeld-Lindabrunn geschlagen. „Wir haben uns auf den Vertrieb von hochpräzisen Werkzeugmaschinen in und für verschiedene Nischen spezialisiert“, erklärt dazu Produktmanager Alexander Trau. Schaublin ist eines jener Unternehmen, die perfekt ins Portfolio von Schirnhofer passen. Die Maschinen des schweizer Herstellers werden von Schirnhofer österreichweit vertrieben.

Hochpräzision als Kerngeschäft.

Für Schaublin, ein 1915 gegründetes Traditionsunternehmen aus Bévilard im Kanton Bern, ist Hochpräzision beleibe kein Fremdwort, ist man doch sowohl geografisch, als auch technologisch in der schweizer Uhrenindustrie fest verankert. Mit etwa 115 Mitarbeitern folgt Schaublin dieser Tradition und setzt gleichzeitig auf Innovation. Heute baut und vertreibt das Unternehmen konventionelle Drehmaschinen, CNC-Drehmaschinen und vertikale Bearbeitungszentren. Höchste Genauigkeit wird bei Schaublin also groß geschrieben, doch wie wird sie erreicht? Zum Beispiel mit einem gekühlten Guss-Maschinenbett im Gegensatz zu einer geschweißten Konstruktion, wie sie bei vielen Mitbewerbern angewandt wird. In den Wasser-/Glykol-Kreislauf ist jede Schnittstelle zu einer potenziellen Wärmequelle mit eingebunden. Sämtliche Einzelteile der Maschinen sind für sich mit sehr engen Toleranzen gefertigt. Und die Montage diese Komponenten erfolgt wiederum unter dem Gesichtspunkt höchster Genauigkeit. Entschieden hat sich Wild letztendlich zur Beschaffung einer Hochpräzisionsdrehmaschine vom Typ 142-7AX-Y-CP, der ersten Schaublin im ansehnlichen Maschinenpark in den Völkermarkter Hallen.

Herausforderung Zentrierdrehen.

Dass Wild auf die genannten Eigenschaften Wert legt, ist klar, doch es gibt eine ganz spezielle Technologie, die auf Grund der relativ großen Einstellzeiten abhängig davon ist, dass eine allfällige temperaturbedingte Wärmedehnung innerhalb der Maschine im besten Fall erst gar nicht auftritt: das Zentrierdrehen. Zentrierdrehen ist eine Spezialdisziplin in der technischen Optik. Die mechanische Achse einer Drehfassung wird an die optische Achse einer Optik angepasst. Dies geschieht über in der Drehmaschine und wird nur von wenigen Herstellern beherrscht. Konkret wird die optische Linse in die Metallfassung eingebracht und anschließend unter Verwendung von optischen Messmitteln (dem sogenannten Autokollimator) und einem Kugelfutter auf einen exakten optischen Brennpunkt/die optische Achse ausgerichtet. Danach wird die Metallfassung außen mit kleinstmöglichen Toleranzen abgedreht, sodass bei der weiteren Verarbeitung – also dem Einbau in ein optisches Gerät – der exakte Brennpunkt erhalten bleibt und die optische Achse nicht durch Verdrehung gebrochen wird. „Das Kühlsystem ist essentiell, denn in diesen Genauigkeitsklassen können schon Temperaturänderungen von +/-2 °C über die Wärmeausdehnung des Rohmaterials und der Maschine unzulässige Abweichungen verursachen“, so Lackner.  Die Präzisionsdrehmaschine von Schaublin hingegen stellt die Temperaturhomogenität aller Komponenten sicher und garantiert damit höchste Maßstabilität am Bauteil. In Zahlen bedeutet das eine garantierte Wiederhohlgenauigkeit an der X/Z-Achse von 0,002 mm und einen garantierten Rundlauf der Hauptspindel von 0,0005 mm.

Universell einsetzbar.

Nicht zu vergessen ein weiterer Vorteil der Schaublin-Drehmaschine: Der Reitstock ist nämlich absenkbar. Dadurch wird der Platz für den Autokollimator frei, der so exakt auf Höhe von Drehachse und optischer Achse zu liegen kommt. Trotz all dieser Eigenschaften ist die Maschine aber kein Spezialprodukt, das nur fürs Zentrierdrehen verwendet werden kann – im Gegenteil: Problemlos ist auch „normales“ Präzisionsdrehen möglich, was bei Wild auch praktiziert und als großer Vorteil gesehen wird.

Dass das Gesamtsystem von Anfang an funktionierte, beweist eine Anekdote von Alexander Trau: „Bei der Vorabnahme machten wir zirka 1,25 Stunden Mittagspause – bei wegen des Kühlsystems laufender Maschine und bei offener Türe. Die X-Achse hat sich nach der Pause um nur 0,001 mm verändert (0,002 mm am Durchmesser).“ Besser geht’s wohl nicht.

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